Diabetes mellitus bei der Katze (Zuckerkrankheit)

Die Besitzer der 9 1/2 -jährigen Katze sind schon sehr gut auf die Konsultation vorbereitet und sagen mir gleich zu Beginn, dass sie vermuten Ihre Katze habe die Zuckerkrankheit. Schon seit einiger Zeit trinke sie viel mehr und gehe dadurch auch öfters aufs Kistchen. Sie hat an Gewicht verloren, war früher mit 5.8 kg etwas übergewichtig, nun wiegt sie noch 4 kg. Ihr Fell ist struppig und die Haut schuppig, sie frisst schlecht und auf die Nachfrage bestätigen Sie mir auch, dass der Urin auf dem Katzenkistenboden klebrige Spuren hinterlässt.

 

Wer sich traut, kann einfach den Finger in den Katzenurin tunken und daran lecken: Ist er süss, dann ist der Verdacht auf Diabetes mellitus gegeben, denn dann hat die hohe Blutzuckerkonzentration die Nierenschranke überschritten und kann im Urin nachgewiesen werden. Wir ziehen es aber vor, den Blutzuckergehalt mit einem Blutuntersuch und den Zuckergehalt im Urin mit einem Teststreifen zu bestimmen. Zum Ausschluss weiterer Erkrankungen oder Ursachen werden noch zusätzliche Blutwerte bestimmt. Zu Beginn meiner Tätigkeit haben wir den Besitzern ein Diätfutter zum Ausprobieren mitgegeben und von einer Insulinbehandlung abgeraten. Zu kompliziert, zu aufwändig, und zu erwartende Komplikationen waren der Grund. In der Zwischenzeit hat sich aber auch in der Tiermedizin und bei den Tierbesitzern einiges verändert. Zwar schrecken die Meisten noch zurück, wenn wir ihnen erklären, dass sie nun 2 x täglich ihrer Katze eine Spritze machen müssen. «Das kann ich nicht!» bekommen wir oft zu hören, denn sie wissen gar nicht wozu sie eigentlich fähig sind. Die meisten Tierbesitzer können wir zumindest zu einem Versuch überzeugen, und sie sind sehr stolz darauf, wenn das dann auch gelingt. Wenn’s nicht klappt, weil die Katze sehr unregelmässig frisst, das Diätfutter nicht akzeptiert, tagelang nicht nach Hause kommt, oder andere zusätzliche Krankheiten erkannt werden, können wir das Ganze immer noch abbrechen. Die Kosten für die Therapie (Diätfutter, Insulin, Spritzen und Nadeln und regelmässige Untersuche) halten sich in Grenzen. Langsam muss man sich an die richtige Dosierung herantasten und Tages-Blutzuckerkurven ermitteln. Einige Besitzer kaufen sich sogar ihr eigenes Blutzuckergerät um die Werte regelmässig zu überprüfen. Die Besitzer der obengenannten Katze hatten bereits ein Blutzuckermessgerät zu Hause und wir haben sie in der Praxis instruiert, damit sie dann die Blutzuckerkurve selbständig messen und aufzeichnen können. Wie der Fall sich weiterentwickelt, und über die Ursachen von Diabetes mellitus lesen sie in der nächsten Ausgabe des Dorfheftli.

Diabetes mellitus bei der Katze, Fortsetzung

Die erste Blutzuckerkurve, welche uns von den Besitzern übermittelt wurde, war ungewöhnlich: Von einem hohen Wert am Morgen sackte der Blutzuckerspiegel nach der Insulininjektion schnell auf sehr tiefe Werte ab (am Mittag nahe einer Unterzuckerung/Hypoglykämie) um dann ebenso schnell bis am Abend wieder auf den Ausgangswert anzusteigen.

Häufiger beobachten wir bei der Behandlung des Diabetes mellitus sonst eigentlich zuerst nur einen geringen Blutzuckerabfall, was uns jeweils veranlasst die Insulindosis Schritt für Schritt zu erhöhen bis wir erst nach mehreren Wochen einen akzeptablen Blutzuckerspiegel und Tagesverlauf erzielen. In diesem Fall aber waren der Abfall und Anstieg schon bei kleiner Insulindosis sehr steil, was für das Tier Stress bedeutet. Bevor wir zu einem anderen Insulinpräparat griffen, versuchten wir es mit einer Reduktion der Insulinmenge, was dann auch zu einer besseren, d.h. flacheren Blutzucker-Tageskurve führte. Der Katze geht es auch besser und, obwohl sie zu Hause nicht ganz so brav hinhält für die Insulininjektion und die Blutzuckermessung, gelingt es ihren Besitzern mit gutem Teamwork und genügend Geduld. Chapeau!

 

Aber wieso entsteht eigentlich Diabetes bei der Katze? Katzen leiden meistens am Typ-2 Diabetes, bei welchem die Inselzellen der Bauchspeicheldrüse weniger Insulin produzieren und/oder die Zielzellen im Gewebe nicht mehr auf das Insulin reagieren (Insulinresistenz). Dadurch kann der Zucker (die Glucose) nicht in die Zellen transportiert werden und erhöht sich im Blut. Die Behandlung besteht in der zweimal täglichen Injektion von Insulin und Diätmassnahmen. Häufiger betroffen sind übergewichtige, etwas ältere Katzen und gewisse Medikamente können die Entstehung von Diabetes mellitus provozieren. Wichtig beim Management ist die Fütterung: das Tier sollte immer das gleiche Diätfutter in derselben Menge und zur selben Zeit erhalten. Man sollte auch erst nach der Fütterung Insulin spritzen um keine Unterzuckerung zu provozieren, falls die Katze mal nicht fressen würde. Etwas Traubenzucker oder Honig muss bereit stehen für eine allfällige hypoglykämische Krise. Das Ziel der Therapie ist es der Katze eine gute Lebensqualität mit möglichst wenig Symptomen zu bieten, sowie einen stabilen Glucosespiegel zu erhalten, welcher besser ein wenig zu hoch als zu tief eingestellt sein sollte. Ab und zu sehen wir im Verlauf sogar, dass die Zellen mit der Zeit und unter der Therapie besser auf das Insulin reagieren und die Insulindosis, welche in «Einheiten» gemessen wird, reduziert werden kann - womöglich die Therapie sogar beendet wird und die Katze als «geheilt» bezeichnet werden kann.