Kippfenster – Falle

 

Montagvormittag in der Kleintierpraxis: Stress oder Relax. Da die Tierbesitzer nicht so gerne zu einem „fremden Tierarzt“ in den Notfalldienst gehen, warten sie ab bis unsere Telefonlinie am Montagmorgen wieder offen ist. Wer dann anruft, hat oft schon (zu) lange gewartet und muss schnell einen Termin erhalten. Daher wird auch in unserer Agenda an diesem Halbtag nicht zu viel im Voraus eingetragen, um für diese Fälle Zeit zu haben. Melden sich dann keine kurzfristigen Konsultationen, so ist es ruhiger und man hat Zeit einen Dorfheftli Bericht zu schreiben.

 

 

Heute war beides der Fall und ich kann vom aktuellen Notfall berichten: Die Katze ist am Morgen von Gartenarbeitern in einem Kippfenster eingeklemmt entdeckt worden und wird von der Besitzerin sofort in die Praxis gebracht. Kippfensterunfälle sind ernsthaft und der Tierarzt bereitet sich gedanklich bereits auf das richtige, schnelle und gezielte Vorgehen vor:
Wenn die Katze durch den Kippfensterspalt huschen will und dabei stecken bleibt, kann sie sich mit den Beinen nirgendwo abstützen und bei jedem Befreiungsversuch rutscht sie tiefer und klemmt sich mehr ein. Zwischen Rippenbogen und Hinterbeinen wird der ganze Bauchraum zusammengedrückt, es entstehen Blutungen und Quetschungen, der Blutdurchfluss wird behindert uns so kommt es zum Schock, zu gelähmten Hinterbeinen, Nierenblutungen, Blasenrupturen und Nervenquetschungen. Die Prognose hängt stark davon ab, wie lange die Katze eingeklemmt war und wie schnell sie behandelt wird. Daher auch die erste Frage zur Besitzerin: „Wann haben Sie Ihre Katze zum letzten Mal gesund gesehen?“. Dies war am Vorabend um 22 Uhr und daher öffnen wir mit mulmigen Gefühl die Transportkiste. Überrascht läuft eine recht muntere Katze aus der Türe und zeigt am Boden nur ganz leichte Entlastung an einer Hintergliedmasse. Sie geniesst das Streicheln und hat offenbar riesiges Glück gehabt. Keine massiven Blutungen, Kreislauf stabil und Blase intakt. Neurologisch auch kaum Symptome. Einzig etwas schmerzhaft bei der Lendenwirbelmuskulatur. Mit Schmerzmitteln darf die Katze unter Beobachtung wieder nach Hause. Die Besitzerin wird aufgeklärt, dass sie sich bei Problemen melden soll und unter Umständen etwas rötlicher Urin zu erwarten ist. Sicher wird sie Ihre Kippfenster in Zukunft mit einem Tuch, das sie in den Spalt stopft „entschärfen“.